Description |
Der Sinn für Kunst war in mir aufgegangen.“ Diese Zeile entstammt aus einem Gedicht von 1804, in dem der damalige Kronprinz Ludwig von Bayern (1786–1868, reg. 1825–1848) seinen ersten Eindruck der Hebe-Statue des zeitgenössischen Bildhauers Antonio Canova (1757–1822) festhielt. Diese Erfahrung, die Ludwig während eines Besuchs in Venedig gemacht hatte, sollte sein Wirken während der folgenden Jahrzehnte prägen: Er trat als einer der passioniertesten und einflussreichsten Kunstmäzene der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Erscheinung. Diese Vorlesung beleuchtet die Kunstförderung unter Ludwig I. von Bayern. Als grosser Verehrer der Kunst und Architektur der griechischen Antike (Philhellene) träumte er davon, sein München in ein zweites Athen, das so genannte ‚Isar-Athen‘, zu verwandeln. Zu diesem Zweck reiste er nicht nur selbst regelmässig in die damalige Kunstmetropole Rom, sondern sandte auch eigene Kunstagenten in die ‚Ewige Stadt‘, die ihn über das aktuelle Geschehen informierten und in seinem Namen Aufträge an die angesehensten Künstler vergaben. Die Vorlesung folgt den wichtigsten Stationen und Netzwerken im Mäzenatentum sowie der durchaus strategischen Sammeltätigkeit des bayerischen Kronprinzen bzw. Königs, indem seine Reisen nach Rom, Korrespondenzen mit seinen Kunstagenten sowie seine Freundschaften und Kollaborationen mit führenden Künstlern und Architekten der Zeit betrachtet werden sollen. Bis heute prägen unter Ludwig I. errichtete Museen und andere Bauwerke die kulturelle und architektonische Landschaft in München und Umgebung, darunter die Glyptothek (1816–1830), die Alte und die Neue Pinakothek (Eröffnung 1836 bzw. 1853) sowie die Walhalla bei Regensburg (Eröffnung 1842) und die Münchner Ruhmeshalle (1843–1853). Die Vorlesung bietet folglich Einblick in ein zentrales Kapitel der Kunst-, Architektur-, Museums- und Sammlungsgeschichte in den Jahrzehnten nach 1800.
Einführende Literatur:
Franziska Dunkel, Hans-Michael Körner und Hannelore Putz (Hrsg.), König Ludwig I. von Bayern und Leo von Klenze, München: C. H. Beck 2006.
Reinhard Horn und Ingrid Rückert (Hrsg.), Ludwig I. von Bayern. Der königliche Mäzen, Ausst.-Kat. Bayerische Staatsbibliothek und Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, München: Bayerische Staatsbibliothek 1986.
Hans Lehmbruch, „‚Isar/Athen‘. Zur Geschichte und Bedeutung eines Epitheton ornans“, in: Christian Fuhrmeister und Birgit Jooss (Hrsg.), Isar/Athen. Griechische Künstler in München – deutsche Künstler in Griechenland, München: Zentralinstitut für Kunstgeschichte 2008, 23–36.
Hannelore Putz, Für Königtum und Kunst. Die Kunstförderung König Ludwigs I. von Bayern, München: C. H. Beck 2013.
Hannelore Putz, Die Leidenschaft des Königs. Ludwig I. und die Kunst, München: C. H. Beck 2014.
Jörg Traeger, „Politik der Popularisierung. Zum Kunstprogramm Ludwigs I. von Bayern“, in: Gereon Blaseio und Hedwig Pompe (Hrsg.), Popularisierung und Popularität, Köln: DuMont 2005, 93–104. |